Alles beginnt mit einer Kassette, die Al-Aaron Lat von seinem Bruder geschenkt bekommt, als er fünf Jahre alt ist. Darauf ein englischer Song, der ihn begeistert, den er aber nicht versteht. Um das zu ändern, belegt er in der Grundschule freiwillig eine Englisch-AG. Von da an führt ihn sein Talent für Sprachen zu einem Bachelor-Studium in Maastricht, einem Auslandssemester in Südkorea sowie Work & Travel in Kanada. Seine Familie gibt ihm dabei den nötigen Rückhalt, um sich persönlich zu entfalten. Bei der Initiative StipendienKultur Ruhr wirkt Al-Aaron Lat heute daran mit, dass möglichst viele Talente unterstützt werden, ihren eigenen Weg zu gehen. Über kostenfreie Weiterbildungsangebote unterstützt die Initiative Lehrkräfte dabei, eine nachhaltige Vorschlags- und Empfehlungskultur an ihren Schulen zu etablieren und so Schüler:innen neue Möglichkeiten zu eröffnen.
Al, du hast deinen Bachelor in Maastricht, in den Niederlanden, gemacht. Wie kam es dazu?
Al-Aaron Lat: Ich finde es total spannend, in verschiedenen Kulturen unterwegs zu sein und andere Sprachen zu sprechen. Auf dem Gymnasium habe ich bereits einen Bilingual-Zweig besucht, also Deutsch und Englisch. Nach dem Abitur wollte ich unbedingt etwas Internationales machen und habe den Bachelor „European Studies“ in Maastricht gefunden. Für meinen Master in Politikwissenschaften bin ich dann nach Göttingen gegangen, weil ich auch im deutschen System gerne studieren wollte.
Welche Länder und Kulturen hast du sonst noch kennengelernt?
AL: Ich habe ein Praktikum bei einem Think Tank in Brüssel absolviert, war für ein Auslandssemester in Südkorea und habe Work & Travel in Kanada gemacht. Wenn ich reise, dann mache ich am liebsten Backpacking, um mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Am meisten berührt hat mich bisher Kambodscha, weil das Land noch immer sehr vom Krieg gezeichnet ist. Erst durch solch einen Perspektivwechsel verstehen wir die eigene Welt besser und nehmen vieles für nicht so selbstverständlich.
Dein Weg hat dich zurück ins Ruhrgebiet geführt. Wie bist du zur Initiative StipendienKultur Ruhr gekommen?
AL: Ich war vorher vier Jahre lang an einer Kölner Hochschule im Career Service tätig und habe mich dort bereits mit Talentförderung befasst. Bei meiner Recherche bin ich dann auf die WDR-Dokumentation über das Talent Julia gestoßen. Ich habe mich zuvor im Studium viel mit dem Thema „soziale Ungleichheit“ auseinandergesetzt und durch meine Einblicke in verschiedene Kulturen wurde ich dafür weiter sensibilisiert. Mitunter deshalb empfand ich Julias Geschichte so inspirierend, dass ich mir das NRW-Talentzentrum näher angeschaut habe. Die Unterstützung zur individuellen Entfaltung von Talenten, wie sie hier geboten wird, hat mich begeistert, damit konnte ich mich direkt identifizieren. Jetzt hier in Gelsenkirchen zu arbeiten, fühlt sich als gebürtiger Ruhrgebietler an wie heimkommen.
Wie genau unterstützt die Initiative StipendienKultur Ruhr diese individuelle Entfaltung? Und wer hat dich in deinem Werdegang unterstützt?
AL: Ich hatte zum Glück immer den Rückhalt meiner Familie und dadurch die Möglichkeit, meinen eigenen beruflichen Weg zu gehen. Viele talentierte junge Menschen haben zwar den Rückhalt der Familie, aber trotzdem nicht diese Möglichkeit, ihr eigenes Potenzial voll auszuschöpfen und somit ihre beruflichen Wünsche und Träume zu verwirklichen. Beispielsweise aus finanziellen Gründen oder weil Kenntnisse über das Bildungssystem fehlen. Stipendien können unterstützen, Potenziale zu entfalten. Viele Talente sehen sich selbst allerdings nicht als Zielgruppe für Stipendien, oftmals weil sie denken, ihre Noten seien nicht gut genug. Dass neben den Schulnoten das außerschulische Engagement eine entscheidende Rolle spielt, wissen viele nicht. Wir erleben oft, dass junge Talente sich selbst nicht bewusst sind, wie viel sie leisten – wenn sie etwa Nachhilfe geben, in der Schülervertretung oder in gemeinnützigen Vereinen aktiv sind. Um das zu ändern, wollen wir über Fortbildungen für Lehrkräfte eine nachhaltige Stipendienkultur an den Schulen etablieren. Unter anderem haben Lehrkräfte ein Vorschlagsrecht, können also Talente für bestimmte Begabtenförderungswerke nominieren. Über die Lehrkräfte als Multiplikatoren hoffen wir, möglichst vielen Schüler:innen ein Stipendium zu ermöglichen – und damit die Chance, sich frei zu entfalten. Das finde ich sehr beflügelnd, denn ich bin überzeugt: Stipendien können Biografien positiv verändern.
Weitere Informationen zur Initiative StipendienKultur Ruhr finden Sie hier.