Marcus Kottmann spannt dabei den Bogen aus seiner eigenen Biografie – „Ich hatte eine sehr schöne Schulzeit, habe das erste Studium aber völlig falsch gewählt“ – über seine Anfänge als Arbeitswissenschaftler und Innovationsforscher bis hin zur Entwicklung des ersten Programms zur Talentförderung für Kinder und Jugendliche aus weniger privilegierten Verhältnissen an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.
Es ist wichtig zu akzeptieren, so Marcus Kottmann, dass junge Menschen weder in der Schule noch im Übergang in eine Berufsausbildung oder ein Studium vergleichbare Voraussetzungen für einen erfolgreichen Weg haben. Besonders große Chancenunterschiede manifestieren sich zum Beispiel in den Städten des nördlichen Ruhrgebiets oder auch in anderen deprivierten Quartieren wie beispielsweise Köln-Chorweiler. Marcus Kottmann unterlegt seine Argumentation mit konkreten Zahlen: „In Gelsenkirchen leben inzwischen 42 Prozent aller Jugendlichen unter 18 Jahren in einer Hartz IV/Bürgergeld-Familie. Und dies hat einen immens großen Einfluss auf die Chancen für erfolgreiche Bildungsbiografien dieser jungen Menschen!“ Weil dies so ist, bedarf es in diesen Quartieren neuer Interventionen für die Orientierung junger Menschen von Akteur*innen jenseits von Schule. Hier setzt das Talentscouting in Nordrhein-Westfalen an, das gezielt Träume und Stärken der Schüler*innen fokussiert, um darauf aufbauend eine an den Fähigkeiten und Neigungen orientierte Berufs- und Studienwahl zu entwickeln. Heute sind in dem vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen dauerhaft geförderten Programm fast 400 Schulen aus ganz NRW vertreten. 70 Talentscouts unterstützen in diesen Schulen kontinuierlich über 20.000 Jugendliche. Die Evaluation des Programms durch das Wissenschaftszentrum Berlin zeigt dabei enorme Auswirkungen auf die Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Hochschulen.
Kottmann stellt im Podcast drei Formate vor, die innerhalb des NRW-Zentrums für Talentförderung entwickelt worden sind: Neben dem Talentscouting skizziert er die Entwicklung des Schülerstipendiums „RuhrTalente“ sowie die Gründe für die Auflegung eigenständiger Fortbildungsprogramme für Lehrkräfte, Lehramtsanwärter*innen und Schulsozialarbeiter*innen im NRW-Talentzentrum. „Lehrkräfte können durch die gemeinsame Fortbildung ihren positiven Blick auf junge Menschen schärfen und gleichzeitig Hinweise bekommen, wie die Talente ihrer Schüler*innen zu heben sind.“ Als „Hausaufgabe“ gab Kottmann den Hörer*innen des Podcasts mit, auf Schüler*innen zu achten, die unter schwierigen Rahmenbedingungen in ihren Elternhäusern agieren und mit einem Notendurchschnitt von 2,5 oftmals eher unauffällig erscheinen. „Behandeln Sie diese Schüler*innen für einen Tag so, als hätten sie einen Durchschnitt von 1,5 und beobachten Sie einmal, was passiert. Sie werden erstaunt sein, was Respekt und Anerkennung im Schulalltag für diese Jugendlichen bedeutet.“
Hier können Sie die gesamte Folge des Podcasts hören.
Hier finden Sie unsere Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte, Lehramtsanwärter*innen und Schulsozialarbeiter*innen aus dem Ruhrgebiet sowie aus NRW:
Termine Weiterbildung Koordination NRW-Talentförderung (Ruhrgebiet)
Termine Weiterbildung Koordination NRW-Talentförderung.