"Immer ein Ziel vor Augen"
In ein anderes Land ziehen. Eine neue Sprache lernen. Freunde finden. Und dann auch noch studieren? Die 28-jährige Abier zeigt, dass all das möglich ist. Als Abier 2012 mit ihrer Familie aus Iraks Hauptstadt Bagdad nach Deutschland kam, sprach sie kaum ein Wort Deutsch. Heute studiert Abier im fünften Semester Wirtschaftswissenschaften an der TU Dortmund. Für Abier war das ein weiter Weg, den sie mit viel Willenskraft, Motivation und Unterstützung ihres NRW-Talentscouts Ulrike Magarin von der TU Dortmund erfolgreich gemeistert hat. Bis zur elften Klasse ging Abier in Bagdad zur Schule. Ihr Abitur konnte sie dort nicht machen. Weil Christen im Irak verfolgt wurden, ging sie mit ihren Eltern und zwei Brüdern nach Syrien, wo sie die Schule beendete und dank einer Stiftung von UNICEF im Jahr 2010 anfing, Wirtschaftswissenschaften an der Damaskus Universität zu studieren. Als in Syrien der Bürgerkrieg ausbrach, kam Abier nach Deutschland. „Der Start war sehr hart für mich“, erinnert sie sich. „Anfangs konnte ich noch keinen Sprachkurs belegen und habe deshalb erst ungefähr zwei Jahre später Deutsch gelernt.“ Circa zwei Jahre verbrachte Abier in Aufnahmeeinrichtungen in Dortmund, Hemer und Hamm, dann zog sie mit ihren Eltern und zwei Brüdern nach Essen.
Mit Motivation zum Studium
„Von Anfang an war es mein Ziel, in Deutschland mein Studium fortzusetzen“, erzählt Abier entschlossen. Ausländische Studieninteressent*innen müssen dafür einen Nachweis ihrer Deutschkenntnisse erbringen. Die Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang (DSH) bestand Abier an der Universität Duisburg-Essen. Zusätzlich absolvierte sie den „TestDaF – Deutsch als Fremdsprache“, um die Sprache möglichst gut zu beherrschen. Ihr Deutschlehrer, Herr Lantin, ist für Abier bis heute ein wichtiger Ansprechpartner. 2016 hat sich Abier um einen Studienplatz an mehreren Universitäten beworben und von allen eine Zusage bekommen. „Das war super und hat mich noch mehr motiviert“, erzählt sie mit einem Lächeln. „In Dortmund zu studieren war eher eine Bauchentscheidung“, erklärt sie. Zu Beginn ihres Studiums bekam Abier das Deutschlandstipendium. In der TU Dortmund hat sie auch Talentscout Ulrike Magarin kennengelernt, die der Studentin geraten hat, sich bei Begabtenförderungswerken zu bewerben. „Ulrike hat mir die Stiftungen vorgestellt und mich bei der Auswahl unterstützt“, erinnert sich Abier. Da das Cusanuswerk katholische Studierende fördert, fühlte sich Abier angesprochen und bewarb sich dort mit der Unterstützung ihres Talentscouts. Seit Januar 2018 ist sie Stipendiatin der Stiftung.
Beim Cusanuswerk gut aufgehoben
„Ich hatte beim Cusanuswerk immer ein gutes Gefühl“, erzählt Abier. Soziales Engagement sei für die Stiftung besonders wichtig. Für Abier ist ehrenamtliche Arbeit ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags. Schon nach anderthalb Jahren in Deutschland engagiert sie sich mit Leidenschaft und viel Motivation in ihrer Kirchengemeinde in Essen und bereitet unter der Woche ein Programm vor, das sie jeden Samstag mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen durchführt. „Ich habe so etwas ähnliches schon in Syrien gemacht“, sagt Abier. Wichtige Bezugspersonen wurden für Abier auch die Pfarrer Leich und Strecker, die ihr bis heute viel Rückhalt bieten. Über das Cusanuswerk spricht die Stipendiatin mit viel Dankbarkeit. „Neben der finanziellen Unterstützung ist die ideelle Förderung dort richtig top. Es werden Bildungsprogramme wie z.B. die Ferienakademie und geistliche Programme angeboten“, erzählt sie. Zu Beginn gab es für Abier eine besondere Herausforderung: Hauptvoraussetzung für das Stipendium ist die deutsche Staatsangehörigkeit, die sie zu dem Zeitpunkt ihrer Bewerbung noch nicht hatte. „Ich bin drangeblieben und habe die deutsche Staatsangehörigkeit rechtzeitig bekommen. Der Zuspruch und die Motivation durch das NRW-Talentscouting waren in dieser Situation sehr wichtig für mich.“
Stand: März 2019