Wer ist eigentlich dieser Talentscout?

Im Gespräch mit Simone Jawor-Jussen, NRW-Talentscout und Programmkoordinatorin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Kontakt:
simone.jussen
@
hhu.de
0211 811 54 68

„Ich weiß, wie wichtig Menschen sind, die auf dem Weg in die berufliche Zukunft Orientierung geben. Ich möchte Jugendliche dabei unterstützen, Perspektiven und Ressourcen aufzuspüren, Pläne zu schmieden und Träumen zu folgen“, sagt Simone Jawor-Jussen. Seit 2017 ist die gebürtige Hildenerin Talentscout und Programmkoordinatorin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Langfristige Beratung und Begleitung von Talenten, Möglichkeiten aufzeigen und Mut machen sind Simone ein besonderes Anliegen. Sie selbst weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es für Jugendliche ist, mutig den nächsten Schritt zu gehen und sich seiner eigenen Stärken bewusst zu sein. Auslandserfahrungen sind für sie dabei eine gute Möglichkeit, sich auszuprobieren und einmalige Erfahrungen zu sammeln.

Als Talentscout schaust du mit einem stärkenorientierten Blick auf junge Talente. Wusstest du schon immer, wo deine Stärken liegen, war du beruflich machen möchtest und wie du deine Ziele erreichen kannst?

Das wäre schön gewesen! Nein, ich wusste das nur zum Teil. Meine Mutter ist gelernte Krankenschwester, mein Vater ursprünglich Bäcker, später Maschinenschlosser und dann kaufmännischer Angestellter und Personalrat. Als Jugendliche habe ich zudem viel über den Beruf der Krankenschwester gelesen und dachte eine Zeit lang, dass ich diesen Beruf auch einmal ausüben möchte. In meinem damaligen Freundeskreis war dieser Berufswunsch sehr verbreitet. Ich hatte keine große Bandbreite an Vorbildern in meiner Jugend. Irgendwann war mir aber klar, dass das doch nicht mein Weg ist. Ich wusste, dass mir Sprachen liegen, aber nicht, was ich genau machen möchte.

Hattest du als auch so etwas wie einen Talentscout?

Meine Eltern haben mich immer in allem unterstützt, aber als Jugendliche hört man ja manchmal lieber auf Menschen, die nicht zur eigenen Familie gehören. Generell haben mir oft andere Menschen gefehlt, die mir mal einen Ratschlag geben konnten und mir Wege aufzeigten. In der neunten Klasse hatte ich so etwas wie einen „Talentscouting-Moment“. Eine Freundin ging damals auf ein Berufskolleg, ich auf die Realschule. Sie fragte mich, was ich nach der Schule machen möchte, was mir Spaß macht und was ich gut kann. Sie schlug mir vor, über eine schulische Berufsausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin nachzudenken. Das war für mich der Moment, an dem ich anfing, mir wirklich Gedanken über meine Zukunft zu machen. Ich hatte plötzlich eine Idee, einen Traum und meine Noten – ich war eine durchschnittliche Schülerin – wurden schnell besser. Ich hätte sicher noch mehr gekonnt, aber mich hatte nie jemand gepusht.

Im Talentscouting beschäftigst du dich viel mit den Bildungsbiografien junger Talente. Wie sieht deine eigene Bildungsbiografie aus?

Nach der Realschule habe ich die schulische Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin Französisch auf dem Berufskolleg gemacht. Das hat mir aber nicht gereicht und die Empfehlung der Berufsberatung führte mich in eine kaufmännische Ausbildung in einer weltweit agierenden internationalen Spedition. Danach war ich mit einem gemeinnützigen Kulturaustausch-Programm ein Jahr im Ausland und habe im Anschluss Informationswissenschaft und Geschichte an der Heinrich-Heine-Universität studiert. Der Auslandsaufenthalt hatte mich beflügelt und mir gezeigt, was alles möglich ist. Ich war mit einer Gruppe von 180 jungen Menschen aus 25 Ländern in den U.S.A., Kanada und in sieben europäischen Ländern. Wir haben dort eine Musical-Show aufgeführt. Ich habe im Bereich „community service“ gearbeitet und z. B. Obdachlosenhäuser angestrichen, Bäume gepflanzt, in Schulen Umweltbildung gemacht und von Deutschland berichtet. Das war großartig!

Nach dem Studium habe ich in der Studienberatung der HHU in Düsseldorf angefangen. Auf einer Fachtagung des Dachverbandes der Studienberater*innen, GIBeT e. V., stellte Marcus Kottmann, Leiter des NRW-Zentrums für Talentförderung, Anfang 2016 das NRW-Talentscouting vor und ich war sofort Feuer und Flamme. Ich wusste: Das will ich machen, das ist die Zielgruppe, mit der ich arbeiten möchte. Besonders gut finde ich die Langfristigkeit des Ansatzes. Als das Talentscouting auf ganz NRW ausgeweitet wurde und feststand, dass die Heinrich-Heine-Universität Partnerhochschule wird, habe ich mich sofort beworben.

Das Jahr im Ausland scheint eine wichtige Erfahrung für dich gewesen zu sein. Würdest du Talenten einen Auslandsaufenthalt empfehlen?

Auf jeden Fall. Für mich war der Auslandsaufenthalt total prägend. Man kann unglaublich daran wachsen. Ich würde aber einem Talent nie sagen: Du musst nach der Schule unbedingt ins Ausland. Ich schlage einen Auslandsaufenthalt vor, bringe ihn ins Gespräch. Jeder hat dafür seinen richtigen Zeitpunkt. Nach der Schule, während des Studiums oder einer Berufsausbildung oder auch danach. Wenn der Wunsch da ist, unterstütze ich das und suche Möglichkeiten, wie man diesen Wunsch passgenau realisieren kann.

Was sind für dich besondere Momente im NRW-Talentscouting?

Da gibt es ganz viele. Besondere Momente sind für mich immer die, in denen ich merke, dass sich die Haltung eines Talents plötzlich verändert. Das kann schon beim ersten Termin sein. Manche Talente wissen erst gar nicht genau, was das Talentscouting ist und warum sie jetzt vor mir sitzen. Plötzlich geht ihnen dann aber ein Licht auf und sie verstehen, was ihnen das Talentscouting bringen kann. Dass es Möglichkeiten und Perspektiven sichtbar macht, an die sie vorher vielleicht noch nicht gedacht haben. Schön ist auch, wenn ich merke, dass Talente Vertrauen fassen und ein Prozess angestoßen wird, nämlich die aktive Gestaltung der eigenen beruflichen Zukunft. Manche Talente wachsen über sich hinaus. Eine Entwicklung zu sehen ist immer etwas Besonderes.

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