„Stipendien kannte ich nur aus amerikanischen Filmen"

Talent Tufan im Porträt // Morgens im Betrieb, danach Abendschule. Das war eine harte Zeit. Hinzu kam noch das Pendeln auf den überfüllten Straßen im Ruhrgebiet. „Meine Ausbildung zum Industriemechaniker habe ich in Gelsenkirchen gemacht."

„Stipendien kannte ich nur aus amerikanischen Filmen“

Morgens im Betrieb, danach Abendschule. Das war eine harte Zeit. Hinzu kam noch das Pendeln auf den überfüllten Straßen im Ruhrgebiet. „Meine Ausbildung zum Industriemechaniker habe ich in Gelsenkirchen gemacht. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima ging es einigen Stromanbietern nicht gut. Zu denen gehörte auch mein Ausbildungsbetrieb. Die Perspektive, nach der Ausbildung Leiharbeiter im Betrieb zu werden, war nichts für mich.“ Tufan entschied sich, sein Fachabitur an einer Abendschule nachzuholen. Zweimal pro Woche musste er dafür nach der Arbeit nach Mülheim. Der Unterricht dauerte bis 21:00 Uhr. „Danach war ich platt und am nächsten Morgen musste ich natürlich im Betrieb pünktlich auf der Matte stehen.“ Zwei Jahre ging das so. Trotz der hohen Belastung engagiert sich Tufan als Jugend- und Auszubildendenvertreter. In enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat setzt er sich für die Belange der Auszubildenden ein.

Nach der Berufsausbildung Maschinenbau-Student

Nach dem erfolgreichen Fachabitur denkt Tufan über ein Studium nach – ein Job in der Automobilbranche ist sein großer Traum. „Ich war unsicher. Ich hatte schon lange mein eigenes Geld verdient und war finanziell unabhängig. Mein Vater ist mit 15 Jahren aus der Türkei als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen. In meiner Familie war ein Studium bisher nie Thema. Mein Zwillingsbruder und meine ältere Schwester haben auch beide eine Ausbildung gemacht.“ Tufan wagt den Schritt. Bei der Einschreibung für das Maschinenbaustudium an der Westfälischen Hochschule kommt die dortige Talentförderung aktiv auf ihn zu. Mit einem Notenschnitt von 2,1 und seinem sozialen Engagement ist Tufan ein guter Kandidat für ein Stipendium eines deutschen Begabtenförderungswerkes. „Das war krass. Stipendien kannte ich nur aus amerikanischen Filmen.“ Sein Talentscout ermutigt ihn und zieht die Bewerbung mit ihm gemeinsam durch. Tufan wird zu einem Auswahlgespräch der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit eingeladen. „Schon allein die Einladung war für mich wie ein Ritterschlag. Vor dem Gespräch war ich etwas nervös. Rund 300 Schüler*innen und Studierende haben sich an dem Auswahlwochenende vorgestellt. Doch dann vergingen die 45 Minuten wie im Flug. Es war mir wichtig, aufrichtig zu sein und mich nicht zu verstellen. Ich habe das Gefühl, das kam bei dem Komitee gut an.“ Das Stipendium bietet Tufan neben der finanziellen Sicherheit ein breites Netzwerk. „Allein beim Auftaktwochenende hab ich so viele Menschen kennengelernt. In Workshops und auf Veranstaltungen sehen wir uns immer mal wieder. Das Verhältnis war mit einigen schnell wie mit alten Kollegen.“ Sein Bild von Stipendiaten, die „piekfein und spießig“ aufträten, hat sich schnell revidiert. „Da sind wirklich coole Leute dabei.“ Der Kontakt zur Talentförderung der Westfälischen Hochschule bleibt parallel intensiv: „Ich hab viel mentale Unterstützung durch meinen Talentscout erfahren. Und auch in Sachen Bewerbungen stand man mir zur Seite. Für mich ist das ein Geben und Nehmen.“ Denn Tufan bringt sich gerne ein. Ehrenamtlich unterstützt er das Team der Talentförderung als Campuslotse und begleitet Schüler*innen, die sich für ein Studium in seinem Fachbereich interessieren, an die Uni. Er geht mit ihnen in Vorlesungen und beantwortet alle Fragen rund um Einschreibung, Studienverlauf und mehr.

Weiter geht’s in Richtung Exzellenz

Das NRW-Talentscouting und Tufan bleiben sich auch nach dem Hochschulwechsel treu. Nach einem Praktikum bei einem großen Automobilhersteller in Stuttgart und der erfolgreichen Abfassung der Bachelorarbeit im Unternehmen, entscheidet sich Tufan für ein Masterstudium in Maschinenbau an der Exzellenzuniversität RWTH in Aachen. „Das Studium an der Westfälischen Hochschule war sehr praxisorientiert. Das hat mich super vorbereitet. In Aachen will ich mich auf den Schwerpunkt Konstruktionstechnik spezialisieren und anschließend in einer guten Position in der Automobilbranche arbeiten. Ich möchte aufsteigen."

Stand: Dezember 2018

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